„Lässt man die Augen nur oberflächlich über die Werke Brigitte Baldaufs bei ‚Quer geschnitten’ streifen, sieht man Bilder von Seen. Immer wieder blitzen einem Lichtreflexe von Wasseroberflächen entgegen, darauf realistisch ausgeführte Spiegelungen von Bäumen und Ufergelände. Dann aber ist man irritiert. Was macht bei ‚Gelege, träumend’ der auf einer Matratze liegende Mann mitten im Bild. […] ‚Der kommt aus der Zeitung’, erklärt Baldauf lakonisch zu der Gestalt, die […] mitten in einer […]Uferlandschaft ruht. […] ein Bündel orangener Kleidung […] weist ihn als Häftling des US-Gefangenenlagers Guantanamo aus.

Auf anderen Bildern sind es abgedeckte Holzstapel oder ein Kronleuchter, die von Baldauf in die Seelandschaften hinein gemalt wurden. Die Kombination der nicht zueinander gehörenden Motive macht die Werke eindeutig zu Bildern, die mehr als bloße Abbilder sind. ‚Was sehen wir wirklich?’, ist die Frage, die sich Baldauf immer wieder stellt. […] Mit der Frage, was man auf ihren Bildern wirklich sieht, kann man sich lange beschäftigen.“
Schmidt, Klaus M.: Was will der Häftling mitten im See?. Die Bilder von Brigitte Baldauf sind geschickte Täuschungen. In: Westdeutsche Zeitung, Kultur in Krefeld, 18.12.2009

„Bei der Scheidung des Wassers von der Erde wurde der Wasseroberfläche die Eigenschaft des Spiegelns zuteil, einer spezifischen Form der Reflexion, die ein Bild dessen zurückwirft, was vor ihr ist, prägnant und glänzend. Spiegelbilder sind Bilder, ‚Selbstbildnisse’ der Natur und des Weltinventars. […]

Brigitte Baldauf begegnet dem Naturkunstwerk des Spiegelbildes mit dem klaren Bewusstsein seiner Verwandtschaft zur Fläche der Bild-Leinwand – nachdenklich, analytisch. In der Komplexität der Gesamtanlage ihrer Bildwelt geht es in lang andauernden Malvorgängen auch darum, reale und vorgespiegelte Körperhaftigkeit zu verschmelzen, Grenzen zu überspielen oder neu zu definieren. […] der anfänglichen Sicherheit des Betrachters, der seine Seh-Erfahrung bestätigt glaubt, folgt die Irritation auf dem Fuße. […]

Die Einbeziehung von Fotografie in die Bildfindung, in die Form- und Texturbildung entspricht dem Anspruch der Künstlerin auf Präzision, formale Reichhaltigkeit und Differenzierung. Zugleich scheinen ihre unspektakulären und lokalisierbaren ‚Traum-Tatorte’, die im Nowhereland (mag es auch Niepkuhlen in Krefeld heißen) platzierten, verloren-isolierten Objekte durch die Fotografie eine quasi dokumentarische Beglaubigung zu erfahren. Die durch die akribische Malweise erzeugte Wirklichkeitsnähe wird brüchig, wenn Schatten und Spiegel verloren gehen und die Schwerkraft aufgehoben ist und die gesamte Bildanlage nicht Naturgesetzen, sondern künstlerischen Intentionen folgt.“
Scheel, Udo: [Rede zur Ausstellungseröffnung „Stille Wasser sind tief“ im Baumhaus Wismar], 2013 (Auszug)